Ghosting ist ein weit verbreiteter und verletzender Trend in zwischenmenschlichen Beziehungen, besonders in der Dating-Welt. Laut Umfragen haben bereits 25 Prozent der Deutschen Erfahrungen mit diesem plötzlichen Kontaktabbruch gemacht. Bei Singles zwischen 18 und 33 Jahren liegt die Quote sogar bei erschreckenden 80 Prozent. Doch was steckt hinter diesem Phänomen, das 2015 sogar Einzug in die englischen Wörterbücher fand?
Der Ghosting Grund ist oft nicht leicht zu durchschauen. Viele Betroffene bleiben ratlos und verletzt zurück, wenn der Kontakt plötzlich abbricht und sie ohne Erklärung mit dem Beziehungsende konfrontiert werden. Doch hinter diesem Verhalten stecken meist tieferliegende Ursachen wie Unsicherheit, Bindungsangst oder schlichtweg Feigheit. In manchen Fällen war der Geghost-te auch nur eine heimliche Affäre, die nun nicht mehr gebraucht wird.
Egal was der Auslöser war, Ghosting hinterlässt Spuren. Trauer, Selbstzweifel und Wut sind häufige Reaktionen der Zurückgelassenen. Doch Experten raten, nicht die Schuld bei sich selbst zu suchen und schon gar nicht dem Ghoster hinterherzulaufen. Stattdessen gilt es, die Situation zu akzeptieren und nach vorne zu blicken. Nur so lassen sich langfristige Folgen wie Vertrauensverluste und Unsicherheit in zukünftigen Beziehungen vermeiden.
Was ist Ghosting?
Ghosting ist ein Dating-Trend, bei dem eine Person plötzlich und ohne Erklärung den Kontakt zu ihrem Partner abbricht. Dieser plötzliche Kontaktabbruch kann in jeder Phase einer Beziehung auftreten, sei es nach einem ersten Date oder in einer langfristigen Partnerschaft. Das Liebesaus kommt für den Betroffenen oft völlig unerwartet und hinterlässt viele offene Fragen.
Definition von Ghosting
Der Begriff „Ghosting“ leitet sich vom englischen Wort „Ghost“ ab, was übersetzt „Geist“ bedeutet. Wie ein Geist verschwindet der Ghoster spurlos und ist für den anderen nicht mehr erreichbar. Anrufe und Nachrichten werden ignoriert, auf sozialen Medien wird man blockiert oder entfreundet. Es gibt keinerlei Erklärung für dieses Verhalten, was es für den Verlassenen schwer macht, mit der Situation umzugehen.
Ghosting bezeichnet das plötzliche Beenden einer Beziehung, indem jeglicher Kontakt ohne Erklärung abgebrochen wird.
Verbreitung des Phänomens
Laut einer US-amerikanischen Online-Umfrage aus dem Jahr 2014 haben 13% der Befragten bereits Erfahrungen mit Ghosting gemacht. Besonders häufig tritt es bei 18- bis 29-Jährigen auf. Doch auch im Berufsleben ist Ghosting ein Problem: LinkedIn zufolge sind 95% der Personaler schon einmal Opfer von Ghosting im Bewerbungsprozess geworden.
Ghosting beschränkt sich längst nicht mehr nur auf die Dating-Welt. Laut einer Statista-Umfrage wurden 19,7% der Deutschen schon einmal Opfer von Ghosting, wobei sowohl Frauen als auch Männer betroffen sind. Das Phänomen hat sich zu einem allgegenwärtigen Problem entwickelt, das zu abrupten Beziehungsabbrüchen in verschiedensten Lebensbereichen führt.
Die häufigsten Gründe für Ghosting
Es gibt viele Gründe, warum Menschen ghosten. Einer der häufigsten ist die eigene Unsicherheit und fehlendes Selbstbewusstsein. Durch das plötzliche Beenden des Kontakts muss man dem anderen nicht mehr gegenübertreten und unangenehme Gespräche führen. Etwa ein Viertel der Deutschen hat laut Umfragen schon einmal Ghosting erlebt, sei es in romantischen Beziehungen, Freundschaften oder sogar im beruflichen Umfeld.
Unsicherheit und fehlendes Selbstbewusstsein
Viele Menschen greifen zum Ghosting, weil sie unsicher sind und nicht genug Selbstbewusstsein haben, um offen und ehrlich zu kommunizieren. Sie haben Angst vor der Reaktion des anderen und wollen Konfrontationen vermeiden. Stattdessen ziehen sie es vor, einfach zu verschwinden und den Kontakt ohne Erklärung abzubrechen.
Feigheit und Konfliktvermeidung
Feigheit ist oft ein Grund für Ghosting, da die Person Angst vor der Reaktion des Anderen hat und lieber wortlos den Kontakt abbricht. Manchmal wird Ghosting auch aus Bequemlichkeit heraus gewählt, da es keinen Aufwand erfordert und unangenehme Gespräche vermieden werden können. Einige Menschen möchten sich nicht rechtfertigen und gehen deshalb dem Kontakt aus dem Weg, um Diskussionen und Konfrontationen zu vermeiden.
Bindungsangst
Bindungsängste können dazu führen, dass Menschen sich emotional zurückziehen, um Verletzungen zu vermeiden oder die Kontrolle zu behalten. Sie haben Schwierigkeiten, tiefe Verbindungen einzugehen und Vertrauen aufzubauen. Wenn die Beziehung zu eng wird, greifen sie zum Ghosting, um sich vor emotionaler Nähe zu schützen.
Heimliche Affären
Manchmal stellt sich auch heraus, dass man nur eine heimliche Affäre war und der eigentliche Partner Wind davon bekommen hat. In solchen Fällen wird oft zum Ghosting gegriffen, um die Affäre zu beenden und die Konsequenzen zu vermeiden. Der Ghoster zieht sich zurück, um sein Doppelleben aufrecht zu erhalten und nicht aufzufliegen.
Ghosting ist zu einem weit verbreiteten Phänomen geworden, insbesondere durch den Aufstieg der sozialen Medien und Online-Dating-Plattformen. Es fällt vielen leichter, einfach zu verschwinden, anstatt sich den Herausforderungen einer ehrlichen Kommunikation zu stellen. Doch für die Betroffenen kann Ghosting sehr verletzend sein und das Selbstwertgefühl beeinträchtigen.
Anzeichen, dass du bald geghostet wirst
Es gibt einige Warnsignale, die darauf hindeuten können, dass ein Kontaktabbruch und damit ein Beziehungsende droht. Laut Statistiken hat bereits jeder vierte Single beim Online-Dating Erfahrungen mit Ghosting gemacht. Doch woran erkennt man die Anzeichen für einen bevorstehenden Kontaktabbruch?
Zunächst einmal ist es wichtig, auf Veränderungen in der Kommunikation zu achten. Wenn die Antworten des Gegenübers spärlicher, verzögerter und weniger enthusiastisch ausfallen, obwohl man sich selbst um den Kontakt bemüht, könnte das auf nachlassendes Interesse und ein erhöhtes Risiko, geghostet zu werden, hindeuten. Auch das Verschieben von Verabredungen, ohne wirkliche Bemühungen, einen neuen Termin zu finden, ist oft ein Warnsignal für Ghosting.
Ein weiteres Anzeichen ist, wenn die Kommunikation oberflächlicher wird und sich von persönlichen, tiefgründigen Themen weg bewegt. Wenn plötzlich nur noch über Alltägliches wie Arbeit oder Hobbys gesprochen wird, könnte das auf eine nachlassende Verbindung hinweisen. Auch das Ausweichen bei Verabredungen und vage Aussagen anstelle verbindlicher Zusagen für zukünftige Treffen können ein Ungleichgewicht im Beziehungsinteresse signalisieren.
Während Ghosting als respektlose Handlung betrachtet wird, verdeutlicht es auch ein Muster des Verhaltens und Charakters einer Person, die ghostet.
Weitere Ghosting-Anzeichen sind:
- Man muss immer die Initiative ergreifen und bekommt keine Gegenfragen mehr
- Nachrichten werden kürzer, emotionsloser und seltener
- Treffen werden wiederholt verschoben oder kurzfristig abgesagt
- Bei Dating-Apps wird man ohne Erklärung entmatcht
Letztendlich ist es wichtig, aufmerksam zu sein und auf sein Bauchgefühl zu hören. Wenn man den Eindruck hat, dass etwas nicht stimmt und das Interesse des anderen schwindet, ist es ratsam, offen darüber zu sprechen. Klare Kommunikation und das Setzen von Grenzen sind entscheidend im Umgang mit potenziellen Ghosting-Situationen. Dennoch sollte die eigene Selbstfürsorge immer an erster Stelle stehen.
Ghosting Grund: Angst vor Nähe und Verbindlichkeit
Es gibt viele Gründe, warum Menschen plötzlich den Kontakt abbrechen und zu Ghostern werden. Oft hat das Verhalten jedoch weniger mit dem Verlassenen als vielmehr mit dem Ghoster selbst zu tun. Ein häufiger Ghosting-Grund ist die Angst vor Nähe und Verbindlichkeit, die auf tieferliegende Bindungsängste zurückzuführen ist. Der Ghoster scheut die emotionale Nähe und fürchtet sich davor, eine feste Beziehung einzugehen.
Diese Bindungsangst kann sich in verschiedenen Vermeidungsverhalten im Beziehungsalltag äußern. Der Ghoster zieht sich emotional zurück, vermeidet Gespräche über die gemeinsame Zukunft und scheut körperliche Nähe. Auch die ständige Angst, etwas zu verpassen (Fear of Missing Out), kann ein Anzeichen für Bindungsangst sein. Der Ghoster möchte sich nicht festlegen, um die Option auf vermeintlich bessere Gelegenheiten oder Partner offenzuhalten.
Vermeidungsverhalten im Beziehungsalltag
Ghosting ist oft nur die Steigerung eines vorangegangenen Vermeidungsverhaltens im Beziehungsalltag. Der Ghoster scheut die Konfrontation und den Aufwand, ein mögliches Beziehungsende zu besprechen. Stattdessen taucht er lieber kommentarlos ab. Typische Anzeichen für dieses Vermeidungsverhalten sind:
- Ausweichen bei Gesprächen über die gemeinsame Zukunft
- Vermeiden von körperlicher Nähe und Intimität
- Emotionaler Rückzug und mangelnde Öffnung
- Unzuverlässigkeit bei Verabredungen und gemeinsamen Plänen
Schuldgefühle und Scham beim Ghoster
Ein weiterer Grund für Ghosting können Schuldgefühle und Scham auf Seiten des Ghosters sein. Vielleicht hat er dem Verlassenen anfangs falsche Hoffnungen gemacht oder Erwartungen geweckt, die er nun nicht erfüllen kann oder will. Anstatt offen darüber zu sprechen, taucht der Ghoster lieber kommentarlos ab. So muss er sich nicht mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten und Schuldgefühlen auseinandersetzen.
Ghosting ist oft ein Zeichen von mangelndem Einfühlungsvermögen und fehlendem Respekt gegenüber dem Verlassenen. Der Ghoster nimmt lieber den einfachen Ausweg, als sich den Konsequenzen seines Handelns zu stellen.
Letztlich sind die Gründe für Ghosting vielfältig und individuell. Häufig spielen jedoch Bindungsängste, Vermeidungsverhalten sowie Schuldgefühle und Scham eine entscheidende Rolle. Der Ghoster scheut die emotionale Nähe und Verbindlichkeit und nimmt lieber den stillen Abschied, als sich mit unangenehmen Gefühlen und Gesprächen auseinanderzusetzen.
Warum Menschen zu Ghostern werden
Der digitale Liebesmarkt hat Ghosting in den letzten Jahren verstärkt. Auf Dating-Plattformen preisen sich Menschen wie Produkte im Supermarktregal an und wirken austauschbar. Ein Wisch nach links oder rechts entscheidet über Sympathie oder Desinteresse. Die Hoffnung, etwas Besseres zu finden, lässt viele einfach weiterswipen.
Die Dating-Industrie setzt Schätzungen zufolge jährlich Milliarden um. Liebe ist in unserer Konsumgesellschaft zu einem Gut geworden, das man jederzeit zurückgeben oder austauschen kann, solange man noch nicht zu tief in Gefühlen steckt. Diese „Marktförmigkeit“ von Liebe und sexuellen Beziehungen, angetrieben von Internettechnologie und Konsumkultur, begünstigt Ghosting als Vermeidungsstrategie.
Einfluss des digitalen Liebesmarkts
Der digitale Liebesmarkt hat die Art und Weise, wie wir Beziehungen eingehen und beenden, grundlegend verändert. Dating-Apps bieten eine scheinbar unendliche Auswahl an potenziellen Partnern. Dieser Überfluss an Möglichkeiten kann jedoch auch zu einer Wegwerfmentalität führen. Warum sich mit Konflikten auseinandersetzen, wenn der nächste Match nur einen Klick entfernt ist?
Liebesbeziehungen als Konsumgut
In einer Konsumgesellschaft, in der fast alles käuflich ist, werden auch zwischenmenschliche Beziehungen zunehmend als Konsumgut betrachtet. Gefühle und Leidenschaft sind jederzeit stornierbar, wenn sie nicht den eigenen Erwartungen entsprechen. Ghosting ist der schnelle Ausstieg aus einer Beziehung, die nicht mehr als lohnenswert empfunden wird.
Eine Studie ergab, dass Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil eher dazu neigen, andere zu ghosten. Sie suchen in Beziehungen häufig Distanz und fühlen sich unwohl mit Nähe und Vertrauen.
Der digitale Liebesmarkt und die Konsummentalität unserer Gesellschaft tragen dazu bei, dass Menschen zu Ghostern werden. Sie betrachten Partner als austauschbar und scheuen davor zurück, sich auf tiefere Verbindungen einzulassen. Ghosting wird so zu einer bequemen Strategie, um unangenehmen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen.
Wie du am besten mit Ghosting umgehst
Ghosting kann eine schmerzhafte Erfahrung sein, doch es gibt einige Dinge, die dabei helfen können, damit umzugehen. Zunächst einmal ist es wichtig, die Situation zu akzeptieren und nicht dem Ghoster hinterherzulaufen. Wer ghostet, hat es nicht verdient, dass man um ihn kämpft.
Akzeptiere die Situation
Auch wenn es schwerfällt, ist es wichtig, die Situation zu akzeptieren und nach vorne zu blicken. Versuche nicht, den Ghoster zu kontaktieren oder ihn zur Rede zu stellen. Das wird die Situation nur verschlimmern und dein Selbstvertrauen weiter schwächen.
Lenke dich ab
Um das Ghosting zu bewältigen, ist Ablenkung ein wichtiger Faktor. Plane einen schönen Wochenendtrip mit Freunden, gönn dir einen Wellnesstag oder widme dich einem Hobby, das dir Freude bereitet. So kommst du auf andere Gedanken und fokussierst dich auf die positiven Dinge im Leben.
Schreibe eine letzte Nachricht
Wenn du das Bedürfnis hast, dem Ghoster noch etwas mitzuteilen, dann schreibe eine letzte, stilvolle Nachricht. Drücke darin aus, was du fühlst, aber bleibe dabei respektvoll. Somit kannst du einen würdevollen Schlussstrich ziehen und mit erhobenem Haupt weitergehen.
Werde nicht selbst zum Ghoster
Lerne aus der Erfahrung und werde nicht selbst zum Ghoster. Behandle andere so, wie du auch behandelt werden möchtest – mit Respekt und Wertschätzung. Wenn du kein Interesse mehr an jemandem hast, dann kommuniziere das offen und ehrlich.
Fasse neues Selbstvertrauen
Lass nicht zu, dass das Ghosting dein Selbstvertrauen dauerhaft beeinträchtigt. Mach dir bewusst, dass jemand, der dich auf diese Art und Weise sitzengelassen hat, dich nicht verdient hat. Konzentriere dich auf deine Stärken und bau dein Selbstbewusstsein wieder auf.
Verlerne nicht zu vertrauen
Auch wenn du eine schlechte Erfahrung gemacht hast, verlerne nicht, anderen Menschen zu vertrauen. Nicht jeder ist ein Ghoster und der nächste Partner meint es vielleicht wirklich ernst mit dir. Gehe offen und mit einem positiven Mindset in zukünftige Beziehungen.
Ghosting zu bewältigen braucht Zeit, doch mit der richtigen Einstellung und Ablenkung kannst du gestärkt aus dieser Situation hervorgehen. Fokussiere dich auf dich selbst, dein Wohlbefinden und die Menschen, die es gut mit dir meinen. So wirst du schon bald wieder zuversichtlich nach vorne blicken können.
Typische Reaktionen auf Ghosting
Wer von Ghosting betroffen ist, durchlebt oft eine Achterbahn der Gefühle. Die plötzliche Funkstille löst Verwirrung, Selbstzweifel und Verlustgefühle aus. Man fragt sich, was man falsch gemacht haben könnte und ob man selbst Schuld an der Situation trägt. Dieses quälende Gedankenkarussell dreht sich unaufhörlich und hinterlässt ein Gefühl des Kontrollverlusts.
Studien belegen, dass etwa die Hälfte aller Erwachsenen schon einmal Opfer von Ghosting wurden. Die Folgen können gravierend sein und Reaktionen wie Trauer, Wut und tiefe Verunsicherung auslösen. Viele Betroffene leiden unter dem Gefühl, ausgeschlossen und im Stich gelassen worden zu sein – ähnlich wie bei Mobbing.
Ohne eine zufriedenstellende Erklärung fällt es schwer, mit der Situation abzuschließen. Der Wunsch, dem Gegenüber etwas zu antworten, bleibt unerfüllt, da man oft bereits blockiert wurde. Manche klammern sich an die Hoffnung, der andere könnte zurückkehren, wenn sie nur etwas an sich ändern würden. Doch diese Strategie der Ohnmacht bringt leider keine Lösung.
Ghosting hinterlässt tiefe Spuren in der Psyche. Es ist ein Schlag ins Gesicht des Selbstwertgefühls und erschüttert das Vertrauen in andere Menschen.
Die Ghosting-Folgen können lange nachwirken und auch zukünftige Beziehungen belasten. Viele Betroffene entwickeln Ängste und Unsicherheiten, die es erschweren, sich wieder auf jemanden einzulassen. Um diese Folgen zu verarbeiten, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass Ghosting kein Ausdruck des eigenen Werts ist. Stattdessen sollte man versuchen, das Erlebte als Teil des anderen zu sehen und daraus zu lernen, ohne das Vertrauen in die Menschheit zu verlieren.
Wie Ghosting das Selbstwertgefühl beider Seiten belastet
Ghosting ist eine schmerzhafte Erfahrung, die sich negativ auf das Selbstwertgefühl beider Seiten auswirkt. Für die Person, die geghostet wird, führt das plötzliche Verschwinden des anderen oft zu Verwirrung, Enttäuschung und dem Gefühl, nicht gut genug zu sein. Sie beginnt, an sich selbst zu zweifeln und ihr Selbstwertgefühl leidet darunter.
Aber auch für den Ghoster ist die Situation nicht einfach. Häufig plagen ihn Schuldgefühle, weil er weiß, dass sein Verhalten dem anderen wehtut. Dennoch fällt es ihm schwer, offen über seine Gefühle zu sprechen und die Beziehung auf eine respektvolle Art zu beenden. Ghosting erscheint ihm als der leichtere Weg, um unangenehmen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen.
Laut Klaus Grawe erleben 70% der Betroffenen von Ghosting eine Verletzung ihrer Grundbedürfnisse. Das plötzliche Kontaktabbrechen kann Gefühle von Wertlosigkeit und emotionaler Belastung auslösen. Personen mit einem ambivalenten Bindungstypus oder narzisstisch geprägten Personen sind besonders anfällig dafür, andere zu ghosten, da sie dazu neigen, ihre eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen.
Ghosting mag kurzfristig als einfache Lösung erscheinen, hinterlässt aber bei beiden Seiten tiefe Wunden im Selbstwertgefühl, die nur schwer heilen.
Langfristig ist Ghosting für alle Beteiligten eine unbefriedigende und verletzende Art, eine Beziehung zu beenden. Statt zu ghosten, ist es wichtig, ehrlich und respektvoll miteinander zu kommunizieren, auch wenn es unangenehm sein kann. Nur so lässt sich das Selbstwertgefühl beider Seiten schützen und eine faire Trennung ermöglichen.
Tipps, um einem plötzlichen Kontaktabbruch vorzubeugen
Obwohl sich Ghosting nie vollständig verhindern lässt, gibt es einige Dinge, die man tun kann, um es unwahrscheinlicher zu machen. Eine wichtige Strategie ist die Ghosting-Prävention durch klare Kommunikation und realistisches Erwartungsmanagement von Anfang an.
Keine falschen Hoffnungen wecken
Gerade in der Kennenlernphase ist es wichtig, keine falschen Erwartungen entstehen zu lassen, wenn man sich seiner Gefühle noch unsicher ist. Vermeiden Sie Aussagen wie „Ich habe mich noch nie so gut verstanden“ oder „Das müssen wir unbedingt wiederholen“, wenn Sie es nicht wirklich so meinen. Seien Sie stattdessen ehrlich zu sich selbst und Ihrem Gegenüber.
Unverbindlich bleiben bei ersten Treffen
Bei den ersten Dates sollten Sie unverbindlich bleiben und nicht zu viel Nähe zulassen, wenn Sie noch Zweifel haben. Nehmen Sie sich Zeit, die andere Person wirklich kennenzulernen, bevor Sie eine engere Bindung eingehen. So vermeiden Sie es, falsche Hoffnungen zu wecken und können eine fundierte Entscheidung treffen, ob Sie die Beziehung vertiefen möchten.
Ehrlichkeit und klare Kommunikation
Der Schlüssel zur Ghosting-Prävention liegt in ehrlicher Kommunikation. Seien Sie von Anfang an aufrichtig und spielen Sie mit offenen Karten. Sagen Sie ehrlich, wenn Sie nicht das Gefühl haben, auf einer Wellenlänge zu sein oder wenn Sie kein weiteres Treffen wünschen. Die meisten Menschen schätzen Ehrlichkeit mehr als Ungewissheit, auch wenn die Wahrheit im ersten Moment vielleicht schmerzt.
Indem man selbst mit gutem Beispiel vorangeht und klar kommuniziert, kann man auch beim Gegenüber einen respektvollen Umgang fördern.
Letztendlich lässt sich Ghosting zwar nicht immer verhindern, aber durch Achtsamkeit, realistisches Erwartungsmanagement und aufrichtige Kommunikation können Sie die Wahrscheinlichkeit dafür deutlich verringern. Gehen Sie mit Respekt und Wertschätzung in neue Bekanntschaften und erwarten Sie dasselbe von Ihrem Gegenüber.
Die Auswirkungen von Ghosting auf zukünftige Beziehungen
Ghosting hinterlässt oft tiefe Spuren, die auch zukünftige Beziehungen beeinflussen können. Viele Betroffene haben nach einer solchen Erfahrung Schwierigkeiten, neuen Partnern zu vertrauen. Sie werden unsicher, erwarten ständig ein erneutes Verschwinden und deuten jedes Anzeichen von Rückzug gleich als Vorboten eines Ghostings. Die Ghosting-Langzeitfolgen können das Fundament einer neuen Beziehung erschüttern und zu einem unsicheren Bindungsverhalten führen.
Manche ziehen sich auch selbst zurück und verhalten sich distanzierter, um nicht noch einmal verletzt zu werden. Oder sie klammern aus Angst, den anderen zu verlieren. All das erschwert es, eine neue, gesunde Beziehung aufzubauen. Die Unsicherheit und das fehlende Vertrauen werden oft unbewusst auf den neuen Partner übertragen, was zu Missverständnissen und Problemen führen kann.
Vertrauensverlust und Unsicherheit
Die Vertrauensprobleme nach einem Ghosting-Erlebnis können tief sitzen. Betroffene fragen sich oft, was sie falsch gemacht haben und ob sie jemals wieder jemandem vertrauen können. Das kann dazu führen, dass sie in zukünftigen Beziehungen übervorsichtig sind, ständig nach Anzeichen für ein mögliches Verschwinden suchen und selbst bei kleinsten Unstimmigkeiten in Panik geraten.
Um solche Langzeitfolgen zu vermeiden, ist es wichtig, ein Ghosting-Erlebnis gut aufzuarbeiten, bevor man sich in eine neue Beziehung stürzt. Eventuell kann auch eine Therapie sinnvoll sein, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und in Zukunft offener, aber auch selbstsicherer in Beziehungen zu gehen. Nur so lassen sich die Geister der Vergangenheit vertreiben und der Weg für eine erfüllte Partnerschaft ebnen.
Ghosting im Berufsalltag
Ghosting ist längst nicht mehr nur ein Phänomen im Datingkontext. Auch im Berufsleben kommt es immer häufiger vor, dass Arbeitgeber oder Bewerber einfach nicht mehr auf Kontaktversuche reagieren. Eine Umfrage der Jobbörse Indeed ergab, dass im Jahr 2021 ganze 76% der Recruiter mit Ghosting konfrontiert waren, wobei 8% sogar täglich damit zu kämpfen hatten.
Ghosting im Job kann während des gesamten Bewerbungsprozesses auftreten, sei es nach der Einreichung der Bewerbungsunterlagen, nach dem Vorstellungsgespräch, nach der Jobzusage oder Vertragsunterzeichnung, am ersten Arbeitstag oder während der Probezeit. Laut einer Umfrage gaben 10% der Befragten zu, bereits einen zugesagten Job nicht angetreten oder noch vor dem ersten Arbeitstag gekündigt zu haben, obwohl der Vertrag bereits unterschrieben war.
Gründe für Job-Ghosting seitens der Arbeitgeber können Überforderung durch hohe Bewerberzahlen, interne Veränderungen wie Umstrukturierungen oder Budgetkürzungen sowie mangelnde Kommunikationsrichtlinien sein. Auch die Angst vor unangenehmen Gesprächen oder negativen Rückmeldungen sowie rechtliche Bedenken beim Feedback an abgelehnte Bewerber können eine Rolle spielen.
Bewerber hingegen ghosten möglicherweise aufgrund besserer Jobangebote, mangelndem Engagement, Angst vor Konfrontation, unzureichender Kommunikation durch den Arbeitgeber oder persönlichen Umständen. Laut Bundesamt für Statistik waren offene Stellen zwischen September 2022 und August 2023 durchschnittlich 155 Tage unbesetzt – eine Dauer, die sich durch Ghosting noch verlängern kann.
60% der Recruiter in der Indeed-Umfrage beklagten, dass Ghosting ihre Arbeitsstunden negativ beeinflusst, zu Unvorhersehbarkeit im Rekrutierungsprozess führt und wertvolle Zeit bei der Stellenbesetzung kostet.
Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg führt die Zunahme von Ghosting auf den Arbeitskräftemangel in Deutschland zurück. Durch die längere Dauer bei der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern erhalten Kandidaten mehr Jobangebote und fühlen sich möglicherweise weniger verpflichtet, ihre Entscheidungen zu kommunizieren. Dennoch wechseln jüngere Arbeitnehmer laut Weber nicht häufiger den Job als frühere Generationen.
Um Ghosting vorzubeugen, empfehlen Experten Arbeitgebern, im Bewerbungsprozess auf die Reaktionen der Kandidaten zu achten und den persönlichen Kontakt zu pflegen. Auch die sorgfältige Formulierung von Stellenanzeigen kann die Attraktivität des Unternehmens für potenzielle Bewerber erhöhen.
Fazit
Ghosting ist ein Phänomen, das in der heutigen Zeit leider immer häufiger auftritt. Egal ob beim Online-Dating, im Beruf oder sogar im Freundeskreis – das plötzliche Kontaktabbrechen ohne Erklärung hinterlässt bei den Betroffenen oft tiefe Wunden. Ein respektvoller Umgang miteinander scheint in einer Welt der schnellen und unverbindlichen Kommunikation immer mehr in Vergessenheit zu geraten.
Die Gründe für Ghosting mögen vielfältig sein, doch letztendlich zeugt dieses Verhalten von mangelnder Wertschätzung und Verantwortungsübernahme. Anstatt Probleme oder Unstimmigkeiten offen anzusprechen, wird der vermeintlich einfache Weg des Schweigens gewählt. Doch diese Stille kann für die Betroffenen ohrenbetäubend sein und zu Selbstzweifeln, Vertrauensverlust und sogar psychischen Problemen führen.
Es ist an der Zeit, sich wieder auf grundlegende zwischenmenschliche Werte zu besinnen. Ehrlichkeit, Respekt und Verbindlichkeit sollten die Basis jeder Beziehung sein – sei es privat oder beruflich. Nur wenn wir einander mit Offenheit und Wertschätzung begegnen, können wir Ghosting den Kampf ansagen. Ein achtsamer Umgang und eine klare Kommunikation sind der Schlüssel zu erfüllenden Beziehungen, in denen sich beide Seiten gesehen und geschätzt fühlen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, diesem Ghosting-Fazit ein Ende zu setzen und wieder mehr zwischenmenschliche Wärme in unsere Interaktionen zu bringen.